Rittergut Essenrode


 

Entstehung und Geschichte

Das Rittergut Essenrode blickt auf eine über 800-jährige Geschichte zurück und hat bis heute einen großen Teil seines historischen Erscheinungsbildes bewahren können. Bereits 1326 wird ein „freier Riddersitz Etzenrode“ erwähnt, mit dem Widukind von Garssenbüttel belehnt war. Dieser Edelhof bildet die Ursprünge des Ritterguts. Die Familie von Garssenbüttel bewirtschaftete das Gut bis zu ihrem Aussterben im Jahr 1625. Ihre Epoche war insbesondere geprägt durch eine Wehranlage, die 1337 entstand und das Anwesen mit Wassergraben, Wirtschaftsgebäuden und Zugbrücke schützte.

Nach 1625, im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges, fiel das Gut an Julius von Bülow. Unter seiner Regentschaft wurden die kriegszerstörten Gebäude erneuert. In den folgenden Generationen entwickelte sich das Gut Essenrode zu einem bedeutenden Herrschaftssitz. Im Jahr 1738 ließ Gotthard Heinrich August von Bülow das heutige barocke Herrenhaus errichten. Es wurde Mittelpunkt eines kleinen englischen Landschaftsparks, dessen Strukturen noch teilweise erhalten sind. Die Familie von Bülow blieb bis 1837 Eigentümerin des Gutes und prägte nicht nur die bauliche, sondern auch die soziale und landwirtschaftliche Entwicklung des Ortes. Bereits ab 1772 konnten die Bauern aus der Gutsabhängigkeit entlassen werden, was für die damalige Zeit ein außergewöhnlicher Schritt war. 1750 wurde auf dem Gut der spätere preußische Reformer und Staatskanzler Karl August von Hardenberg geboren. Seine Mutter war eine geborene von Bülow. Er verbrachte eine wesentliche Zeit seiner Kindheit in Essenrode. Ein Teil seiner Reformen bestand in der Ablösung der Bauern aus der Gutsabhängigkeit und in der Einführung der Gewerbefreiheit. Mit dem Tod des letzten Vertreters der Familie von Bülow wurde das verschuldete Gut 1837 an die Adelsfamilie von Lüneburg verkauft, die es bis heute in Besitz hält. Sitta Waitz, die Tochter von Ernst von Lüneburg, hat das Rittergut 2007 übernommen. Sie ist mit dem Rechtsanwalt Dr. Johannes Waitz verheiratet und hat drei Kinder. Das Gut umfasst inzwischen eine Größe von 208 ha. Es ist als Ackerbaubetrieb in eine GbR eingebracht und betreibt eine kleine Pferdepensionshaltung.

Bild oben: Preußische Landesaufnahme, ca. 1900.

Architektur und Bedeutung

Das imposante Herrenhaus aus dem Jahr 1738 steht bis heute, umgeben von einem Wassergraben, als Relikt der früheren Befestigungsanlagen. Die gesamte Anlage besticht durch ihre spätbarocke Bauweise und ist über drei Brücken zugänglich. Im 19. Jahrhundert wurden nach dem Verkauf des Guts an die Familie von Lüneburg die südlich des Herrenhauses liegenden landwirtschaftlichen Gebäude abgerissen und östlich, außerhalb des Wassergrabens, neu gebaut.

Das Herrenhaus bildet den Mittelpunkt des ehemaligen Gutsensembles. Seine Gestaltung vereint Funktionalität und repräsenta-
tive Wohnkultur des niedersächsischen Landadels des 18. Jahrhunderts. Der erste Stock beherbergt einen prächtigen Festsaal. Er bietet Hochzeitspaaren die Möglichkeit, sich hier trauen zu lassen.

Landschaftspark

Der kleine Landschaftspark nördlich des Herrenhauses wurde im 18. Jahrhundert angelegt. Ziel war es, das Herrenhaus repräsentativ in einen englisch inspirierten Park zu integrieren und dabei Blickachsen, Wassergräben und Gartenstrukturen zu schaffen, die den neuen Zeitgeist widerspiegelten. Die Wege und Sichtachsen verbanden das Herrenhaus mit dem Dorf und der Kirche und bildeten einen landschaftlichen Rahmen für das Gut.

Im Laufe der Jahrhunderte blieb die grundlegende Struktur des Parks erhalten. Die Wassergräben wurden gepflegt und die wesentlichen Alleensysteme im Stil des 18./19. Jahrhunderts blieben bestehen. Der Baumbestand besteht vorrangig aus Eichen, Linden und Hainbuchen. Im Park sind diverse Aussichtspunkte mit steinernen Gartenmöblierungen und Sitzgrotten angelegt. Im Westen steht ein kleiner, Anfang des 20. Jahrhunderts erbauter, Gartenpavillon auf einer Anhöhe, am südöstlichen Zugangsweg befindet sich ein 1868 erbauter Eiskeller.

Gesellschaft und Kultur

Nach über 800 Jahren prägt das Rittergut Essenrode noch immer das Ortsbild und ist ein lebendiges Zeugnis adliger Gutsherrschaft, Reformen und bäuerlicher Emanzipation im Braunschweiger Land. Neben seiner Bedeutung für die Agrargeschichte ist es ein herausragendes Beispiel für die Adelsarchitektur und die Kulturlandschaft Niedersachsens. Es verkörpert nicht nur die Geschichte seiner Besitzerfamilien, sondern auch die sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen über die Jahrhunderte hinweg. Als architektonisches Juwel und lebendiges Stück Vergangenheit bleibt das Rittergut Essenrode ein wichtiger Ankerpunkt in der regionalen Identität und ein Zeugnis der Beständigkeit inmitten des Wandels.

Download als PDF | Text und Fotos: Klaus Hermann, 2025