Schloss und Park Wendhausen


 

„Das Schloss ist rings von einem breiten und tiefen Graben umgeben, welcher sich auch um den großen Garten fortzieht und so das Schlossgebiete von den angrenzenden Grundstücken abschließt. Letzterer war gleich den Gärten von Salzdahlum und Herrenhausen im holländisch-französischen Geschmack mit schnurgeraden Alleen, hohen glattgeschorenen Hecken, grünen Gemächern und Grotten angelegt. Von all diesen … Herrlichkeiten ist jetzt, nach kaum zweihundert Jahren, nichts mehr erhalten, da das große Terrain inzwischen praktischen Zwecken hat dienen müssen.“

So beschrieb Carl Steinmann 1879 Schloss und Garten in Wendhausen. Daran hat sich bis heute nichts geändert; außer, dass kein Gemüseanbau mehr betrieben wird und die Nutzfläche heute eine große Rasenfläche ist. Auch wenn die barocke Gartenanlage nur noch fragmentarisch und strukturell ihre historische Pracht vermittelt, ist sie auch heute noch eine bedeutende Anlage. Barockgärten haben sich in unserer Region kaum erhalten, daher ist der Wendhauser Garten mit seinem erhaltenen typischen Grundriss, den Wassergräben und der erkennbaren Mittelachse ein Glücksfall für die Region.

Große Namen spiegeln sich in der Schloss- und Gartengeschichte wider. Philipp Ludwig Probst (1633-1718) ließ zwischen 1682 und 1688 das Schloss auf den Grundmauern einer ehemaligen Wasserburg erbauen und nördlich davon einen kleinen Lust- und Küchengarten anlegen. Er war unter den Herzögen Rudolf August (1627-1704) und Anton Ulrich (1633-1714) einer der mächtigsten und reichsten Männer im Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel. Am Äußeren des Schlosses hat sich bis heute nicht viel verändert.

Für die Gartenanlage bedeutend ist Conrad Detlef Dehn (1688-1753), dem durch eine geschickte Heirat mit der Enkelin und Alleinerbin von Philipp Ludwig Probst, Ilse Louise (+1719), im Jahr 1718 schon ein Jahr später der gesamte große Besitz zufiel. Dehn war ein Günstling des von 1714 bis 1731 herrschenden Herzogs August Wilhelm (1662-1731) und machte rasch eine Karriere am Braunschweig-Wolfenbüttelschen Hof; als Geheim- und Staatsrat war er einer der mächtigsten Männer im Herzogtum.

Conrad Detlef von Dehn, 1726 in den Reichsgrafenstand erhoben, ließ repräsentative Umbauten und innere Ausgestaltungen vornehmen. Nördlich der Schlossbrücke wurden zwei vornehme Kavaliershäuser als dem Wasserschloss zugewandte Kopfbauten errichtet. Über dem Eingang des Schlosses wurde ein Altan angebaut. Es folgte der Bau eines Uhrenturmes und das Portal der Tordurchfahrt wurde auf der Nordseite aufwendig verziert. Von diesen Umbauten ist jedoch nur noch das Portal erhalten.

 

„Charte von den hochfürst. Braunschweig-Lüneburgischen Guthe und Dorffe Wenthausen…“, von G. F. Pape, 1754 (kopiert 1794).

 

Anstelle der eher bescheidenen durch Philipp Ludwig Probst angelegten Gartenanlage ließ Conrad Detlef von Dehn den Lustgarten westlich vom Schloss mit den heute noch bestehenden grachtenförmigen Wassergräben anlegen. Es entstand eine 145 mal 240 m große barocke Gartenanlage, die sich mit den kurz zuvor entstandenen Parks in Salzdahlum und Herrenhausen messen konnte. Lange konnte er sich jedoch nicht an Schloss und Garten erfreuen. Ende 1730 wurden Unregelmäßigkeit und Finanzmanipulationen bekannt. Eine von ihm initiierte Verleumdungskampagne gegen den Kammerpräsidenten Hieronymus von Münchhausen (1680-1742) wandte sich nun gegen ihn. Mit Erlass vom 21.02.1731 entband ihn Herzog August Wilhelm von allen Ämtern. Die Entlassung erfolgt aber nicht ungnädig seitens des Souveräns, Dehn erhielt eine jährliche Pension von 1.000 Thalern und blieb im Besitz seiner Güter. Herzog August Wilhelm starb nur wenige Wochen nach Dehns Entlassung. Der neue regierende Herzog Ludwig Rudolf (1671-1735) verweigerte Dehn jedoch die Weiterzahlung der Pensionsgelder, angeblich wegen der schlechten finanziellen Lage des Herzogtums. Graf Dehn verließ das Herzogtum und begann eine zweite Karriere am dänischen Hof. Nach und nach verkaufte er seine Besitzungen; 1751 an Herzog Carl I. auch seine Wendhauser Güter. Das Schloss und die Wohngebäude wurden für den jeweiligen Pächter und weitere Angestellte genutzt; einige Räume für den Aufenthalt des Herzogs.

Der von Dehn angelegte Garten war zwar formal gestaltet, er wies aber nicht mehr hochbarocke Formen auf. Der Schlossinnenhof diente als Terrasse und wurde mit einer figurenbestandenen Brüstung vom Schlossgraben abgetrennt. Über eine einfache Brücke ging man damals wie heute in den tieferliegenden, nach klassischem Vorbild in Parterre und Boskett aufgeteilten Park. Im Parterre befanden sich achsensymmetrische Beete. Sie werden ornamental mit Buchsbaum, Blumen und unterschiedlich farbigen Kieseln gestaltet gewesen sein und wurden von kleinen Wegen durchlaufen. Das Zentrum des Parterres bildete eine Fontäne in einem geschweiften Wasserbecken. Der Boskettbereich im westlichen Teil des Gartens war vom Parterre mit einer Traillage, einem begrünten Laubengang, abgetrennt. Hier waren niederwaldartige Gehölzbestände gepflanzt, die von Hecken eingefasst waren.

Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Boskettbereich gerodet und als Gartenland genutzt wurde. Die Zeit des Lustgartens war vorbei.

1836 pachtete die Braunschweiger Verlegerfamilie Vieweg Schoss und Gut auf 99 Jahre. Die Viewegs nutzen das Schloss als Landsitz und kauften es 1873. Es verblieb bis 1941 im Besitz einer Nachfahrin der Familie, danach kaufte die Stadt Braunschweig Schloss und Gut, dessen Ländereien (550 Morgen) verpachtet blieben. Inwieweit die Viewegs gestalterisch auf den Garten einwirkten lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Aus dem ehemaligen Parterre war ein Wald geworden und der Boskettbereich war, wie ein Luftbild von 1930 zeigt, immer noch Gemüseland. Daran hat sich bis heute nur geändert, dass aus dem Gartenland eine große Rasenfläche wurde.

Schloss und Schlosspark um 1930

 

Im 2. Weltkrieg befand sich ein Hilfskrankenhaus im Schloss. Vielfältige Nutzungen wechselten sich danach ab: im Untergeschoss waren Flüchtlinge untergebracht, es war Rekonvaleszenzstätte für Infektionskrankheiten, es gab einen Kindergarten, die Meisterschule für gestaltendes Handwerk hatte im Obergeschoss des Schlosses ein Außenstudio. Von 1969 bis 1985 hatte die Religionsgemeinschaft Subud das Schloss gemietet. Danach stand es leer.

1990 kauften private Investoren Gut und Schloss und bauten die Gutsgebäude zu Wohnungen um, weitere Wohnhäuser wurden 1991/92 auf dem Gutsgelände errichtet. Durch die Vermarktung wurden die Gutsgebäude (Scheune, Stallungen) eigentumsrechtliche stark untergliedert.

1991 kaufte der Architekt Carsten Henze Schloss und Park. Das Schloss wurde zu Wohnungen und Büros umgebaut. Dabei ließ er das Äußere des Schlosses weitgehend unverändert, so dass es heute in einem recht authentischen Zustand zu sehen ist. Für den Schlossumbau erhielt er 1995 den Landespreis für Denkmalpflege der Niedersächsischen Sparkassenstiftung.

Während andere Parkanlagen aus dem Barock vollständig verschwunden sind oder zu Landschaftsparks umgestaltet wurden, hat sich der Wendhauser Schlosspark zumindest in seinen Umrissen erhalten. Die große Rasenfläche entwickelt sich seit einigen Jahren zu einem Skulpturenpark mit Großplastiken des Braunschweiger Bildhauer Denis Stuart Rose. Von dem ehemaligen barocken Glanz ist zwar nur noch wenig zu spüren, aber auch der derzeitige Dornröschenschlaf hat seinen Reiz.

(Bildnachweis: Klaus Hermann; Heimatmuseum Wendhausen)